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Post by Luke on Sept 10, 2012 12:00:01 GMT -5
Johann Sebastian Bach (1685-1750) Toccata und Fuge in d-Moll (BWV 565) für Orgel
Es ist ein gewöhnlicher Sonntag Morgen. Eine Wohnung, gebaut um die Jahrhundertwende. Hohe Räume, hohe Türen, hohe weiße Kachelöfen, mit Putten und einem Sims
geschmückt. Die Fenster, weit geöffnet, drücken helle Gardinen zur Seite. So wirft die Sonne ihr gelbes Licht in Quadraten auf´s Parkett und erwärmt es sogleich. Hinter der geöffneten Tür entfaltet sich Kaffeeduft.
Eine kleine zierliche Gestalt springt auf ins Sichtbare. Nun hockt sie vor ihrer Musiktruhe, die geöffnet, von einer kleinen Glühbirne erleuchtet wird. Innen links in Fächern, die von Glasplatten bestimmt werden, liegen einige Schallplatten. Sie findet, was sie suchte, entnimmt die Platte der Schmuck- und der Zelofanhülle,
legt sie in der Musiktruhe rechts auf den Plattenteller, bewegt den Tonarm nach oben und mit einem Knacksen nach rechts. Dann setzt sie ihn vorsichtig auf der sich
drehenden Schallplatte ab. Es knirscht und rauscht geheimnisvoll. Plötzlich elektrisierend steht der erste Ton im Raum blitzschnell gefolgt von den anderen. Diese mir wohlbekannte Melodie wird glockenrein von hohen Flöten einer Orgel intoniert, die tiefsten Bässe antworten. Es folgt eine abstrakte musikalische Geschichte. Ich
möchte sie nicht in Worte fassen. Meine Mutter schaut jetzt aus dem Fenster. Ihr kurzes blondes Haar schimmert wie Gold. Ich fühle mich schweben. Mein Leben scheint plötzlich geordnet. Und voller Glück tanze ich durch den Raum im Nachthemd.
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